Tuchmacherzunft
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Das bedeutendste Handwerk der Stadt Meißen war in der Zeit von 1530 bis 1610 das der Tuchmacher, welche sich schon damals in einer Tuchmacherzunft zusammengeschlossen hatten. Tuchmacher waren in der Stadt spezialisierte Weber, die ausschließlich feine gewalkte und geraute Wollgewebe, sogenannte Tuche, herstellten.
Das Tuchmachertor auf dem Platz hinter der Frauenkirche wurde um 1610 von der wohlhabenden Tuchmacherzunft gestiftet und diente als Eingangstor zum ehemaligen Stadtfriedhof.[1]
Geschichte
Bereits 1481 arbeiteten in der Stadt sieben Tuchmacher, die sich damals vermutlich schon in einer Zunft zusammengeschlossen hatten, denn oftmals kamen andere Handwerke über solch eine Anzahl der Meister gar nicht hinaus. Im Jahre 1538 ist solch eine Vereinigung der Tuchmacher als sicher anzusehen, denn die Meißner Tuchmacher erwirkten damals vom Herzog Georg die Erlaubnis, eine Tuchwalke erbauen zu dürfen, welche dann 1540 als vollendet in der Stadtrechnung erscheint. Schon in dieser Zeit erfreute sich das Handwerk eines großen Wohlstandes. Eine große Anzahl der „Tuchherren“, die während der Reformation unangefochten das Stadtregiment führten, bestätigen ebenfalls die Vormacht des Handwerks. Von 1549 bis 1578 stellten die Tuchmacher fast Jahr für Jahr alle drei Bürgermeister der Stadt. Ebenfalls besaßen die Tuchmacher die absolute Mehrheit im „Kollegium der Zwölf“. Einige wurden sogar in der Zeit von 1550 bis 1570 zu Patriarchen der öffentlichen Verwaltung und blieben in ihrem Ratssesseln oftmals 30 Jahre und mehr.
Die Tuchmacher besaßen mehr als jedes andere Handwerk eine große Anzahl an Zunftsgrundstücken. Sie besaßen zum Beispiel in der Neugasse Brd.-K. Nr. 367/368 ein Färberhaus zusammen mit dem Wohnhaus für den Tuchknecht. Überhaupt entwickelte sich die Neugasse durch die Zunft der Tuchmacher, recht schnell vom langgestreckten Vorstadtscheunenviertel zur Handwerks- und Wohnhausstraße. Schon 1600 hatte man in der Neugasse die alten und neuen Trockenrahmen errichtet. Erst um 1645 wurden auch Rahmen am Seelensteig aufgebaut. Die ältesten Zunftsartikel gelten leider als verloren, doch neue Innungsartikel fertigte Kurfürst Johann Georg II. im Jahre 1666 aus.
Tuchmacher Nachwuchs
Das Handwerk forderte von seinem Nachwuchs viel: 4 Jahre Lehrzeit und 6 Jahre Wanderschaft, jedoch 5 Jahre Lehrzeit, für die, welche kein Lehrgeld zahlen konnten. Die „Meistersöhne“ lernten zwar auch 4 Jahre, brauchten jedoch nur drei Jahre zu wandern. Zudem blieb ihnen später auch noch das sogenannte „Meisterstück“ erspart. Andere musste als Meisterstück ein gutes, weißes Tuch aus Wolle und 60 Ellen Länge herstellen. Das Handwerk ließ bei gewöhnlicher Arbeit jedes fertige Stück prüfen. Dazu versammelten sich die „Schauherren“ jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend um 12 Uhr. Die Schauherren waren zwei Ratsherren und zwei vom Handwerk gewählte Meister, dazu einer der vier Obermeister und noch zwei Siegelmeister. Die fertigen Stücke wurden je nach den Erfordernissen, welche die einzelnen Tucharten erfüllen mussten einzeln geprüft. Danach kennzeichnete man die Ware mit dem „Längssiegel“ und einer Kleeblattmarke aus Blei. Die Prüfung der Erzeugnisse war dabei äußerst streng.
Einen Wettbewerb mit billiger Pfuscher-Ware vom Land mussten die Tuchmacher weniger fürchten, denn die benötigten umfangreichen Anlagen zum Waschen, Kämmen, Walken, Spannen, Scheren und Glätten konnte niemand so einfach errichten und dazu die notwendigen Hilfskräfte unbemerkt halten.
Verkauf der Waren
Auch der Absatz der Erzeugnisse unterschied sich von dem der anderen Handwerke beträchtlich. Die Tuchmacher arbeiteten dabei nicht nur für den eigenen Markt und den Bedarf innerhalb der Meißner Stadtmauern. Sie legten vielmehr ihre Waren in fremden Städten, besonders auf den Leipziger Messen aus. Dabei hielten sich die Meißner Tuchmacher offenbar nicht immer so ganz an die vorgegebenen Regeln. So beschwerte sich am 16. Februar 1593 der Rat zu Leipzig, dass die Meißner Tuchmacher und Tuchhändler ihre Waren heimlich „verkauften, versteckten und verschleifen“, bevor sie sie im Gewandhaus auslegten, um damit den Markt- und kurfürstlichen Abgaben zu entgehen. Die Leipziger baten „Einen ehrbaren Rat zu Meißen“, den Tuchmachern ein amtliches Verzeichnis der selbstverständlich zu markenden Tuche mitzugeben. Zudem wurde auch die Qualität der Waren angemahnt, welches allerdings die Meißner Tuchmacher zurückgewiesen hatten. Daraufhin wollte man in Leipzig sogar die Meißner von der Messe zukünftig ausschließen. Dazu kam es jedoch nicht, doch zeugt dieses Beispiel vom festen, selbstbewussten Geist des Handwerks.
Die Meißner Tuchmacher belebten während des 16. Jahrhundert mit ihrer Arbeit die Wirtschaft der Stadt. Ihre Zunft war dabei geprägt von einem überlegenen Selbstbewusstsein, welches sie auch stets zu Schau stellten.
Niedergang der Tuchmacherzunft
Die ersten Anzeichen eines Niedergangs zeigten sich an dem unaufhörlichen Streit zwischen den Tuchmachern und den Bereitern auf der einen, den Scherern und Schleifern auf der anderen Seite und auch dem ständigen Herüber- und Hinübergreifen in die Arbeitsprivilegien anderer Gewerke. Die Blüte der Tuchgilde hielt noch im Dreißigjährigen Kriege an. Selbst 1642, fünf Jahre nach dem großen Stadtbrande und der folgenden Entvölkerung Meißens, lebten und arbeiteten noch 26 Tuchmacher in der Stadt. Den späteren Niedergang des heimischen Tuchgewerbes verschuldeten am Ende jedoch nicht örtliche Missstände, sondern er folgte den verheerenden Auswirkungen des Krieges auf das allgemeine Wirtschaftsleben des ganzen Landes.[2]
Literatur
- B. Zeidler: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Meißen, X. Band, 4. Heft, Meißner Geschichtszahlen, 1913 und 1920.
- Helmuth Gröger: Tausend Jahre Meißen, Druck und Verlag, Klinkicht & Sohn, Meißen, 1929.