Nikolaikirche-Kriegergedächtnisstätte

Die Nikolaikirche in Meißen.

Das älteste Gebäude der Stadt Meißen soll die Nikolaikirche sein. Sie wurde erstmals im Jahre 1220 urkundlich erwähnt. Die im Stil einer romanischen Kirche erbaute Nikolaikirche ist kriegsbedingt und durch die Hochwasser der Triebisch mehrfach stark beschädigt worden. Die hölzernen Dachreiter weisen auf die Zeit von 1695 hin. Ab dem Jahr 1922 hat man die Kirche zur Kriegergedächtnisstätte für die Gefallenen im Ersten Weltkrieg umgebaut.

Geschichte

Noch im dreizehnten Jahrhundert erhielt die Kirche frühgotische Wandmalereien, die in geringen Resten noch heute an der Chorwand zu sehen sind. Sie stellen die Kindheits- und die Leidensgeschichte Christi dar. Die Malereien hat man später wieder aufgedeckt und Anfang des 20. Jahrhunderts aufgefrischt. Bereits im 19. Jahrhundert verfiel die Kirche zusehends und auch die umfangreichen Reparaturen von 1867 und 1885 konnten den Verfall kaum aufhalten. Der dazugehörige Friedhof wurde schon 1879 geschlossen.

Nach der Idee von Max Adolf Pfeiffer (Pfeifferzeit), dem damaligen Direktor der Porzellanmanufaktur Meißen, gründete sich am 2. Juli 1921 der „Verein zur Errichtung einer Kriegergedächtnisstätte in der Nikolaikirche zu Meißen“. Mit dem Erlös aus drei Porzellan-Lotterien sollte der Umbau finanziert werden. Es entstand eine künstlerisch wertvolle Ausstattung aus Meißner Porzellan mit den bisher geschaffenen größten Porzellanfiguren. Die Weihe der Gedenkstätte fand am 26. Mai 1929, im Jahr der Tausendjahrfeier der Stadt Meißen statt.[1] Entwurf und Ausgestaltung der Kriegergedächtnisstätte stammen von Emil Paul Börner. Börner ließ in die Gestaltung der Kirche die Elemente verschiedener Religionen unterbringen. So finden sich Vasen mit jüdischem Motiven, gleichschenklige Kreuze nach griechisch-orthodoxem Vorbild sowie die orientalische Gestaltung des Triumphbogens und ein Zitat Buddhas.[2]

Seit 1995 ist die Nikolaikirche auch die Stätte des Gedenkens für die Opfer des Zweiten Weltkrieges. Vor der Kirche befindet sich der Gedenkstein mit der Inschrift „ZUM GEDENKEN / AN DIE TOTEN DES / 2. WELTKRIEGES / UND OPFER / JEDER GEWALT / DEN LEBENDEN / ZUR MAHNUNG“.[3]

Ausgestaltung

Die vierzehn Epitaphe aus Meißner Porzellan sind aus kleinen weißen Tafeln zusammengesetzt, die jeweils den Namen und den Todestag von insgesamt 1815 Gefallenen und gestorbenen Krankenschwestern aus Meißen tragen. Die angebrachten Tafeln sind nach Todesjahren angeordnet. An den Seiten einiger Epitaphe knien acht überlebensgroße Frauengestalten und symbolisieren die trauernden Mütter. Ihre Füße zertreten zerbrochene Schwerter. In den Händen halten sie Leuchter. Zwischen den Tafeln sind die Figuren von Kindern angebracht, die mit den Händen ihre weinenden Gesichter bedecken. Eine Art Triumphbogen aus Meißner Porzellan verbindet das Kirchenschiff mit dem Chor. Den Flügelaltar hat Börner ebenfalls gestaltet. In der Mitte hat Börner den auferstandene Christus dargestellt, der mit hocherhobenen Händen anzeigt, dass alles Leid überwunden wird.

Das obere Bild des linken Flügels zeigt die Szene eines ausbrechenden Krieges, während ein kraftvoller Mann schützend die Arme um zwei Kinder schlingt. Darunter sind zwei Soldaten zu sehen, die der Schlachtentod umfängt. Der rechte Altarflügel zeigt in zwei Szenen die Rückkehr des Friedens. Oben ist noch die Mutter zu sehen, die um ihren tot heimgekehrten Sohn trauert. Darunter ist eine Frau dargestellt, die mit einem Spaten in der noch blutgetränkter Erde mit dem Wiederaufbau beginnt. Auf einem Spruchband unterhalb der Mitteltafel steht ein Zitat aus Psalm 110, Vers 1: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich lege deine Feinde zum Schemel deiner Füße“. Außen auf den Flügeln sind auf goldenem Grund Inschriften aus dem Hebräerbrief, Kapitel 11, Verse 13, 14 und 16 angebracht.

Auf dem Altar standen ursprünglich zwei von Börner gestaltete Apostelleuchter. Allerdings ist derzeit ist nur ein Leuchter vorhanden. Die Leuchter hat Börner als Büsten mit einer kappenähnlichen Kerzentülle geformt. Die weit geöffneten Augen sowie der geöffnete Mund erscheinen als unergründlich tiefe Höhlen. Auch hier vermittelt der Gesichtsausdruck großes Elend, das Leid und die Not des Krieges an den Betrachter.[4]

Rechts und links vom Altar stehen zwei überlebensgroße Frauenfiguren aus Meißner Porzellan. Mit einer Höhe von 2,50 Metern sind es die größten Porzellanfiguren aus Meißner Porzellan, welche jemals hergestellt wurden. Dargestellt wurden zwei Mütter, die ihre Hände schützend über ihre Kinder halten. Beide Figuren bergen einer Schutzmantelmadonna gleich ihre Kinder in die Weiten ihres Gewandes. Die linke Figur, ebenfalls mit den Zügen einer Madonna, hält dazu noch ein Kind auf dem Arm. Das Porzellan aus Meißen, sonst als filigranes Material für Festlichkeiten und Frohsinn verwendet, drückt hier allerdings überzeugend Traurigkeit und Leid aus, aber auch gleichzeitig Hoffnung.

Momentan fehlen an einzelnen Figuren und an einigen Schrifttafeln im unteren Bereich noch die ursprünglichen Verzierungen aus Porzellan. Durch die Hochwasserschäden im 21. Jahrhundert gingen sie verloren. Inzwischen wurden die fehlenden Teile aber in der Manufaktur Meißen wieder neu gefertigt. Mit Hilfe von Spendengeldern sollen die fehlenden Teile wieder angebracht werden. In der Sakristei befindet sich eine Porzellantafel, geschaffen vom Bildhauer Richard Scheibe, die an die Gefallenen der Porzellanmanufaktur erinnert.

Literatur

  • Emil Paul Börner: Krieger-Gedächtnisstätte in der Nikolaikirche zu Meißen. Meißen 1925.
  • Verschiedene Autoren: Manufakturisten als Bürger der Stadt Meißen, Schriftenreihe des Stadtmuseums Meißen, Heft 7, 2011.
  • Verschiedene Autoren: Monumenta Misnensia–Jahrbuch für Dom und Albrechtsburg zu Meißen 2011 und 2012, Band 10, Dombau–Verein Meißen e.V. und Freundeskreis Albrechtsburg Meißen e.V.
  • Jürgen Schärer: Auf den Punkt gebracht–Porzellane für Meissen–Max Adolf Pfeiffer zu Ehren, Staatliche Porzellan–Manufaktur Meissen, 2000.
  • Günter Naumann: Stadtlexikon Meißen. Sax–Verlag, Beucha 2009, ISBN 978-3-86729-013-5.

Einzelnachweise

  1. Steffen Förster: Kriegergedächtnisstätte und Glockenspiel–Porzellankunst für den öffentlichen Raum zur Jahrtausendfeier Meißens 1929, aus, Manufakturisten als Bürger der Stadt Meißen, Schriftenreihe des Stadtmuseums Meißen Heft 7, Seite 117 bis 121, 2011.
  2. Jürgen Schärer: Auf den Punkt gebracht, Porzellane für Meissen, Max Adolf Pfeiffer zu Ehren, Staatliche Porzellan–Manufaktur Meissen, 2000, Seite 92 bis 94.
  3. Günter Naumann: Stadtlexikon Meißen. Sax–Verlag, Beucha 2009, ISBN 978-3-86729-013-5, S. 245 und 246.
  4. Caren Marusch–Krohn: Meissener Porzellan–1918–1933–Die Pfeifferzeit, Seite 78.