Jutespinnerei und Weberei
Die Jutespinnerei und Weberei wurde unter der Firmenbezeichnung „Deutsche Jute-Spinnerei und Weberei in Meißen“ im Jahre 1872 gegründet. Das Werk im Triebischtal an der Schützestraße gehörte später der „Braunschweigischen Aktiengesellschaft für Jute- und Flachsindustrie“ an. Im Volksmund wurde die Fabrik meist als „Jute“ bezeichnet. Heute befindet sich auf dem Gelände ein Einkaufszentrum.
Geschichte
Das Unternehmen war damals das Zweite seiner Art in Deutschland. Das Material „Roh-Jute“ war in dieser Zeit, laut der Denkschrift zur Gründung der Gesellschaft, für Viele in Deutschland noch unbekannt. Die Fabrik wurde zunächst streng nach englischem Muster errichtet. Ein Inspektor sowie ein Spinn- und Webmeister wurden damals aus England geholt, da es an geschulten Arbeitskräften in Deutschland noch fehlte. Doch in relativ kurzer Zeit konnte man die englischen Arbeitskräfte durch einheimische Kräfte ersetzen.
Vor 1945
Bereits 1896 erhielt auch die Gesellschaft die inzwischen überall bei Aktiengesellschaften übliche gewordene Form. Im März 1874 wurde der Betrieb mit 1128 Spindeln und 110 Webstühlen aufgenommen. Die Belegschaft zählte damals 387 Frauen und Männer. Am Ende des Jahres 1934 verfügt das Unternehmen bereits über 10 313 Spindeln und 377 Webstühle. In dieser Zeit waren dort bis zu 1100 Arbeitskräfte beschäftigt. Die Roh-Jute wurde damals aus Bengalen (Indien) bezogen.
Die Firma war als Arbeitsort offenbar beliebt, denn die Arbeitnehmer waren damals nicht selten bis zu 50 Jahre im Unternehmen beschäftigt. So waren um 1934 etwa 20 Personen bereits 50 Jahre im Unternehmen und etwa 40 Beamte, Arbeiterinnen und Arbeiter waren über 40 Jahre im Unternehmen. Ungefähr 150 Arbeitskräfte hatten in dieser Zeit eine Betriebszugehörigkeit von 25 Jahre. Im Mai 1932 wurde auf Veranlassung des Aufsichtsrates die „Deutsche Jute-Spinnerei und Weberei in Meißen“ mit der „Braunschweigischen Aktiengesellschaft für Jute- und Flachsindustrie, Braunschweig“ enger zusammengeschlossen und ein „Verschmelzungsvertrag“ mit dieser Gesellschaft genehmigt.[1]
Nach 1945
In der DDR wurde das Unternehmen zum „VEB Textile Verpackungsmittel Weida, Werk Meißen“ umfirmiert. Ab dem 1. Juli 1990 wurde die Fabrik in die „Technische Textilien GmbH i.A.“ (im Aufbau) umgebildet. Am 1. März 1991 ging die GmbH in Liquidation und der Belegschaft wurde gekündigt. Im Herbst 1993 begann der Abriss der Jutespinnerei und war im März 1994 beendet. Erhalten blieb nur ein Teil der Außenfassade der ehemaligen Fabrikhalle, ein Fabrikschornstein und das ehemalige Werkstattgebäude.
Die verbliebenen Baulichkeiten wurden in das „Einkaufs- und Dienstleistungszentrum Meißen-Triebischtal“ mit einbezogen. Am 12. Januar 1995 war die Eröffnung eines SB-Warenhauses an der Schützestraße Nr. 1.[2]
Produkte
Es wurden im Unternehmen feinste bis stärkste Garne hergestellt. Die hergestellten Garne wurden dabei auch vor Ort zu „Baggings, Sackings, Tarpaulings, Segeltücher, Packleinen, Teppich- und Gardinenstoffen, Tischdecken und Einbindegarn“ verarbeitet. In Kriegs- und Notzeiten wurden jedoch auch andere Rohstoffe wie Flachs- und Hanfwerge, Spinnpapier und Viskosefasern hergestellt. Es wurde auch eine Fußbodenbeschichtungsgrundware hergestellt und ab 1967 begann der Aufbau einer Nadelfilzanlage.
Wissenswertes
Im 19. Jahrhundert wurden in der Fabrik auch Kinder beschäftigt. So gab es beispielsweise im Jahre 1886 insgesamt 940 Beschäftigte (davon 660 Frauen und 160 Kinder). Im Zweiten Weltkrieg gab es in der Fabrik auch 458 Zwangsarbeiter, welche in einem eingezäunten und bewachten Barackenlager auf dem Juteplan untergebracht waren.[3][4]
Das Areal der Fabrik umfasste 134 122 qm, davon waren 52 000qm bebaut. Die Fabrik wurde vom Mühlgraben durchflossen, dessen Rohwasser man für das Kesselhaus nutzte. Kernstück war die große Produktionshalle (150 m x 75 m; Scheddach mit 25 Scheds). In der Zeit von 1903 bis 1905 baute man an der Talstraße zwei „Juteschuppen“ für die Bevorratung mit Roh-Jute. Beide Schuppen wurden im Jahre 2004 abgerissen. Die Fabrik hatte einen Gleisanschluss der Deutschen Reichsbahn, zudem gab es einen Anschluss an das Netz der Güterstraßenbahn.[5]
Literatur
- Fritz Pfeiffer: Der Meißner Weihnachtsmann, Verlag der Truhe Meißen, 1934.
- Günter Naumann: Meißner Chronik 1989-1996, Kreissparkasse Meißen 1996.
- Gerhard Steinecke: Unser Meißen 1929-2004, Meißner Tageblatt Verlag, 2004, ISBN 3-929706-09-5.
- Günter Naumann: Stadtlexikon Meißen. Sax–Verlag, Beucha 2009, ISBN 978-386729-013-5.
Einzelnachweise
- ↑ Fritz Pfeiffer: Der Meißner Weihnachtsmann, Verlag der Truhe Meißen, 1934, S. 6.
- ↑ Günter Naumann: Meißner Chronik 1989-1996, Kreissparkasse Meißen1996, S. 45, 151 und 190.
- ↑ Gerhard Steinecke: Unser Meißen 1929-2004, Meißner Tageblatt Verlag, 2004, S.89 bis 91.
- ↑ Günter Naumann: Stadtlexikon Meißen. Sax-Verlag, Beucha 2009, S. 340.
- ↑ Günter Naumann: Stadtlexikon Meißen. Sax-Verlag, Beucha 2009, S. 340 und 341.