Emil Paul Börner



Emil Paul Börner (* 12. Februar 1888 in Meißen; † 7. November 1970 in Meißen) war ein Porzellanmaler, Plastiker, Bildhauer, Medailleur.
Leben und Werk
Börner war in seiner Vielfältigkeit wohl einer der am meisten herausgeforderten und in seiner Schaffenszeit geförderten Künstler der Meißner Porzellanmanufaktur. Kaum ein anderer Meißner Porzellankünstler dieser Zeit erreichte nur annähernd seine Produktivität und Kreativität. Mit seiner fast unüberschaubaren Quantität des Schaffens hat er die sogenannte Pfeifferzeit unter der Leitung von Max Adolf Pfeiffer von 1918 bis 1933 bedeutend mitgestaltet.
Sein zeichnerisches Talent entdeckte man schon während seiner Schulzeit. Gleich nach Abschluss der Schule begann er eine Ausbildung als Porzellanmaler bei der Meißner Porzellan-Malerei Julius Pfohl. Nebenher nahm er noch zusätzlichen Privatunterricht an einer Zeichenschule, die ein Figurenmaler der Meißner Porzellanmanufaktur betrieb. Hier erlernte er die verschiedensten Motive aus der Natur künstlerisch umzusetzen. Im Jahre 1905 ging Börner an die Kunstgewerbeschule Dresden, doch wechselte er schon ein Jahr später an die Kunstakademie. Nebenbei gab er damals schon an einer privaten Zeichenschule selbst Unterricht und finanzierte mit den Einnahmen seinen Aufenthalt und die Ausbildungskosten.
Um 1900 lernte Börner in Meißen den Maler und Bildhauer Sascha Schneider kennen, der dort ein eigenes Atelier betrieb. Sascha Schneider wurde vor allem durch seine Titelzeichnungen von Karl May-Werken bekannt. Börner folgte Schneider im Jahre 1909 zu einem Studienaufenthalt nach Florenz. Dort blieb er ein Jahr und sammelte Erfahrungen im Modellieren. Zeitgleich entdeckte er seine Liebe zur Plastik.
Nach der Rückkehr nach Meißen bewarb sich Börner bei der Porzellanmanufaktur als Maler und wurde dort am 1. Dezember 1910 zunächst auf Probe eingestellt. Eine Festanstellung erfolgte dann bereits am 1. Juli 1911. Er erhielt zunächst einen Vertrag als „freischaffender Künstler“. Unter der Leitung von Paul Gesell erarbeitete er zahlreiche Entwürfe sowie Dekore. Die von Börner in der Manufaktur geschaffene „Papageienvase“ sowie die Plastik der „Spanischen Tänzerin“ aus dem Jahre 1911 sorgten sofort für Anerkennung und Aufsehen in der Fachwelt.
Auch Börner wurde 1914 zum Kriegsdienst an die Front einberufen. Seine künstlerisches Empfinden wurde in dieser Zeit sehr beeinflusst. Nach dem 1. Weltkrieg arbeitete Börner nun gleichzeitig als Maler, Medailleur, Plastiker und Formgestalter in der Porzellanmanufaktur. Unter Direktor Max Adolf Pfeiffer übernahm Börner ab dem 1. September 1923 zunächst für fünf Jahre ein Meisteratelier. Er bildete dort talentierte Nachwuchskünstler aus, die ihm auch bei seinen künstlerischen Aufgaben zur Seite standen. Hervorzuheben sind die in dieser Zeit geschaffenen Entwürfe für unzählige Münzen und Medaillen aus Porzellan, welche besonders bei Numismatikern bis heute große Würdigung finden. Überhaupt bilden die von ihm entworfenen Porzellanmünzen, Medaillen und Plaketten einen wichtigen Schwerpunkt seines Schaffens. Über eintausend Entwürfe können ihm zugeordnet werden. Sie wurden in braunem Feinsteinzeug oder weißem Biskuitporzellan umgesetzt. Hierbei experimentierte Börner auch mit anderen Materialfarben und liebte das Spiel mit verschiedenen Dekoren. Er erwies sich dabei als Meister der Reliefkunst, der auf kleinstem Raum eine künstlerische Aussage dekorativ umzusetzen vermochte. Seine Entwürfe schnitt er meist selbst in der anspruchsvollen Technik des Negativschnitts direkt in die Gipsform ein.[1] Münzen aus Feinsteinzeug und Biskuitporzellan waren in dieser Zeit eine Alternative, um dem herrschenden Mangel an Kleingeld und Münzmetallen entgegenzutreten. In dieser Zeit liefert Börner zudem die Entwürfe für verschiedene Notgeldscheine. Am 4. Januar 1924 erfolgte durch das Sächsische Finanzministerium die Berufung zum Professor.
Bereits 1921 hatte Börner mit den Entwurfsarbeiten für die Umgestaltung der Nikolaikirche Meißen zur Kriegergedächtnisstätte begonnen. Ganze acht Jahre arbeitete Börner mit seinen Assistenten an diesem Werk, welches immer wieder wegen massiven finanziellen Problemen unterbrochen werden musste. Die Ausgestaltung der Kriegergedächtniskirche sorgte zur Einweihung für ein großes internationales Medienecho.
Im Hinblick auf die Jahrtausendfeier der Stadt Meißen 1929 erhielt Börner vom Generaldirektor der Manufaktur Meißen, Max Adolf Pfeiffer, den Auftrag, die Versuche zur Herstellung von Porzellanglockenspielen wieder aufzunehmen. Ziel war es, ein derartiges Glockenspiel in den Turm der Meißner Frauenkirche einzubauen. Erneut erregte das von ihm mithilfe seiner Assistenten Max Hermann Dietze und Ernst Fritz Gottschling geschaffene Porzellanwerk Aufsehen und wurde zum Vorbild für Meißner Porzellanglockenspiele in vielen Städten in Deutschland und später auch in Europa und Asien. Doch Börner lieferte auch die Entwürfe für die zwei damals noch fehlenden Domglocken. Die Johannes- und die Lukasglocke wurden nach Börners Entwürfen gegossen. Die Johannesglocke aus Bronzeguss gilt dabei noch heute als eine der figurenreichsten Glocken der Welt.
Am 28. September 1930 wurde Börner von der Deutschen Keramischen Gesellschaft für sein künstlerisches Schaffen mit der Böttger-Denkmedaille ausgezeichnet und am 1. Oktober 1930 wird er zum Direktor der Malerei- und Gestaltungsabteilung der Manufaktur Meißen berufen. Allerdings war diese neue Aufgabe mit umfangreicher bürokratischen Arbeit verbunden. Börner liebte aber sein Atelier und seine künstlerischen Tätigkeiten. Mit trockener Büroarbeit am Schreibtisch konnte sich der Künstler nicht anfreunden.
Auch bei der Ausgestaltung vom Meißner Krematorium von 1930 bis 1938 ist Börners künstlerische Hand stets vertreten und noch bis heute erlebbar. Am 1. April 1937 erhielt Börner eine Professur an der Dresdner Akademie für Kunstgewerbe und verließ die Porzellanmanufaktur Meißen. Eine weitere Lehrtätigkeit an der Kunsthochschule Dresden wurde ihm im Jahre 1942 noch zusätzlich übertragen. In seinem Wohnhaus in Meißen Kurt-Hein-Straße 16, früher Kaiserstraße, unterhielt er ein kleines Atelier. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs begann er allerdings kein größeres Projekt mehr. Mit der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 war ein Unterricht an Akademie und Kunsthochschule nicht mehr möglich, sodass sich Börner nur noch der Arbeit als freischaffender Künstler widmete. Um 1952 kam es erneut zum Kontakt mit der Manufaktur Meißen. Doch auch für andere Keramische Unternehmen pflegte Börner Kontakt und lieferte regelmäßig Ideen und Entwürfe.
In Vorbereitung auf das 250-jährige Jubiläum der Porzellanmanufaktur Meißen gehörte Börner auch 1960 zu den Künstlern, die Entwürfe für eine Jubiläums-Kollektion liefern sollten. Er legte daraufhin Entwürfe für ein großes Service, einige Vasen, Medaillen und Plaketten vor und erhielt wiederum Anerkennung. Für Neusörnewitz liefert Börner in dieser Zeit die Entwürfe für zwei Denkmäler (Ernst Thälmann und August Bebel), welche auch umgesetzt wurden. Der Denkmalssockel für das Christian Friedrich Samuel Hahnemann-Denkmal im Nikolaipark aus dem Jahre 1956 stammt ebenfalls von Börner.
Emil Paul Börner verstarb am 7. November 1970 in Meißen. Das Familiengrab befindet sich auf dem Alten Johannesfriedhof in Meißen.[2]
Künstlerische Arbeiten (Auszug)
- Gebrauchsformen, Ziergegenstände und Figuren sowie ein komplettes Service für die Porzellanmanufaktur Meißen.
- Münzen und Medaillen aus Böttger-Steinzeug und Porzellan, (ab 1920).
- Nikolaikirche Meißen, Ausgestaltung der Kriegergedächtnisstätte, (1929).
- Frauenkirche, Erste stimmbare Porzellanglocken und erstes Porzellanglockenspiel, (1929).
- Meißner Dom, Künstlerische Gestaltung der Johannes- und Lukasglocke, (1929).
- Ausgestaltung des Meißner Krematoriums 1930 bis 1938 mit der Verbindung von Teichert-Steinzeug (Vestibül 1930), Hartbrandkeramik (Medaillon mit Phönix 1931), Beton (Pietaskulptur 1931), Bleiglasfenster (1931), Porzellanglockenspiel (1932) und Glasmosaiken (1936).
- Mehrere Figurenmodelle für zwei Thüringer Porzellanmanufakturen, (ab 1965).
Literatur
- Otto Horn: Die Münzen und Medaillen aus der Staatlichen Porzellanmanufaktur zu Meißen, Leipzig 1923.
- Porzellanmanufaktur Meißen: 250 Jahre Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen, 1960.
- Caren Marusch-Krohn: Meissener Porzellan 1918-1933 Die Pfeifferzeit, Edition Leipzig, 1993, ISBN 3-361-00402-0.
- Jürgen Schärer: Auf den Punkt gebracht, Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen, Meißen 2000, ISBN 3-910063-28-4.
- Günter Donath: Die Restaurierung des Doms zu Meißen 1990–2002, Beitrag von Klaus Ferner: Domglocken und Turmuhren. Fraunhofer IRB Verlag, 2003.
- Günter Naumann: Stadtlexikon Meißen, Sax-Verlag, 2009, ISBN 978-3-86729-013-5.
- Steffen Förster: Kriegergedächtnisstätte und Glockenspiel – Porzellankunst für den öffentlichen Raum zur Jahrtausendfeier Meißens 1929, aus Manufakturisten als Bürger der Stadt Meißen. Stadtmuseum, Meißen, 2011.
- Reiner Graff: Emil Paul Börner ein vielseitiger Meißner Künstler mit klingender Mission, Buch zum Vortrag am 18. März 2018 im Krematorium Meißen, Eigenverlag, Hönow, 2018.