Übung der Freiwilligen Feuerwehr Meißen im Stadttheater (1903)

Das Stadttheater Meißen um 1905.
Das Stadttheater Meißen um 1907.

Am Abend des 13. Oktober 1903 fand gegen 8 Uhr (20:00 Uhr) eine Übung der Freiwilligen Feuerwehr Meißen, Abteilung I statt. Der Branddirektor Hofmann hatte die Übung noch vor dem Beginn der Wintervorstellungen im Stadttheater angeordnet, um die neu eingetretenen Kameraden mit den Verhältnissen der speziellen Feuerlösch- und Feuersicherheitseinrichtungen, sowie deren Vorschriften im Bühnenbereich vertraut zu machen.

Übungsablauf

Zunächst wurden die notwendigen Geräte aus dem Geräteschuppen zusammengestellt. Das waren mehrere Hakenleitern, eine große und zwei kleine Schiebeleitern, das Sprungtuch und drei Hydrantenwagen. Danach wurde zum Theater abgerückt. Nach dortiger Ankunft ging die Führerschaft auf die Bühne, während sich die Mannschaften im Zuschauerraum verteilten. Anwesend waren auch einige Stadträte und Stadtverordnete, welche die Übung vom Zuschauerraum aus verfolgten.

Ein Vortrag von Branddirektor Hofmann

Es folgte ein Vortrag über die bestehenden Sicherheits- und Löscheinrichtungen, sowie deren Anwendung. Die Kameraden wurden darauf aufmerksam gemacht, dass das Theater sowohl Gas- als auch elektrische Beleuchtung besitzt, letztere namentlich für den Zuschauerraum. Außerdem brennen auf der Bühne, wie auch in den Korridoren und in den Treppenaufgängen während der Vorstellung Notlampen, bestehend in ausreichendem Kerzenlicht. Diese Ausgänge waren also selbst bei Erlöschung der übrigen Beleuchtung vollständig erhellt.

Auf der Bühne befinden sich rechts und links, an die städtische Wasserleitung angeschlossen, je eine Schlauchleitung mit Strahlrohr, welche vor Beginn jeder Vorstellung einsatzbereit gestellt sind. Das gilt ebenfalls für die beiden Schlauchleitungen, die rechts und links auf dem 2. Rang des Zuschauerraums waren und die von zwei Mann im Ernstfall bedient wurden. Weiterhin gab es auf der Bühne links und rechts je eine große wollene imprägnierte Decke zum Einwickeln von etwa in Brand geratene Personen, sowie je eine Decke, die zum sofortigen Ausdrücken kleinerer Brände, zum Beispiel an den Kulissen, gedacht war. Zudem stand noch auf jeder Seite der Bühne ein Kasten mit Sand.

Wie es damals hieß, gab es im Bühnenbereich noch eine „Regenvorrichtung“, welche aus zwei oberhalb angebrachten Röhren einen kräftigen Sprühregen gegen die Soffitten, als auch auf die Bühne senden konnte. Man stellte weiterhin fest, dass auch der behördlichen Vorschrift, wegen den Notausgängen, welche direkt ins Freie führen, vollkommen Rechnung getragen ist. Wichtig zu wissen ist außerdem, dass im Brandfall von der Wache stets ein Sprungtuch mit zum Theater genommen wird.

Die Übung im Stadttheater beginnt

Zunächst wurden durch die Führerschaft mehrere Theaterwachen gebildet, welche der Reihe nach die gegebenen Anweisungen praktisch auszuführen hatten. Eine Theaterwache bestand demnach aus neun Mann: Einen Zugführer, der als Tagesdiensthabender die Oberleitung hatte und der seinen Platz im Zuschauerraum einnahm, einen Rottenführer als Wachkommandant, einen Oberfeuerwehrmann als Stellvertreter desselben, zwei Rohrführer, sowie vier Spritzen- bzw. Wachmänner. Zudem war noch ein Posten vorhanden, welcher den Wasserdienst, daher auch das Anlassen des Wassers vor, und das Ablassen desselben nach der Vorstellung zu besorgen hatte. Am Platz des Zugführers im Zuschauerraum war ein elektrischer Signalapparat angebracht, der mit dem Wachkommando auf und hinter der Bühne in Verbindung war. Durch diese Verbindung wurde im Ernstfall der Zugführer über eventuelle Unfälle oder Störungen im Bühnenbereich informiert. Er hatte dann die Aufgabe das Publikum zu informieren und gleichzeitig zu beruhigen. Die praktische Durchführung verlief zur vollsten Zufriedenheit der städtischen Herren und damit konnte der zweite Teil der Übung beginnen.

Der nasse Angriff vom Theaterplatz

Die Wehr entfernte sich aus dem Theater, um vom Hydranten vor dem Theater am Theaterplatz, einen nassen Angriff vorzunehmen. Im Theater wurden gleichzeitig die vorhandenen Schlauchleitungen unter Druck gebracht. Zudem war auch in kürzester Zeit das Sprungtuch entfaltet worden. Sämtliche Kameraden warteten auf weitere Befehle. An dieser Stelle wurde die Übung abgebrochen.

Auswertung der Übung

Nicht nur Branddirektor Hofmann, sondern auch die Herrn Stadträte waren mit dem Verlauf der Übung mehr als zufrieden. Man betonte in einer kurzen Ansprache an die Kameraden, dass man seitens der Behörde mehr als überzeugt ist, dass bei der Freiwilligen Feuerwehr von Meißen Alles getan werde, um den Theaterbesuchern und dem Theaterpersonal selbst, die größtmögliche Feuersicherheit zu bieten. Zudem käme noch die Tatsache, dass im Meißner Theater sämtliche Kulissen, Soffitten, Prospekt usw. durchaus gut imprägniert sind, um auf der Bühne selbst einen Brand nicht zu erlauben.

Weiterhin heißt es im Pressebericht über die Übung: Mögen die geehrten Theaterbesucher aber auch ihrerseits stets die größte Besonnenheit bewahren, und selbst bei Ausbruch eines Brandes, das Theater in Ruhe verlassen. Wie mehrmalige Beobachtungen bewiesen haben, ist das Meißner Theater, selbst bei überfülltem Hause in spätestens 7 Minuten vollständig geleert.[1]

Literatur

  • Sächsische Feuerwehr-Zeitung, Verlag H. Simon in Cölln-Elbe.

Einzelnachweise

  1. Sächsische Feuerwehr-Zeitung, Verlag H. Simon in Cölln-Elbe, Jahrgang 1903, S. 340.